„Musikalisch glänzt die Wiedergabe mit der Filharmonie Brno (Barbara Trncikova Oboe, Falko Lösche Trompete) in dichter atmosphärischer Intensität und heroisch überhöhtem Edelton. Fabian Enders, ehemaliger Assistent von Peter Schreier, hat nicht nur zahlreiche Orchester dirigiert (…) Enders ist außerdem als Komponist und Pionier bekannt, was Weltersteinspielungen, etwa die Symphonie Nr. 1 von Günter Raphael, anlangt.
Die Ouvertüre und die bereits darin zitierte Siegessymphonie haben Zunder und Tempo. Das finale Allegro von brio atmet Emphase und endet in überschäumendem Furor. Egmonts „Opfer“ wird hier in pseudoreligiösem Triumpf als freudige Erwartung einer besseren Zukunft transzendiert. Beethoven ist ‚as his best‘ in den Zwischenaktmusiken. Fabian Enders findet für die Seelenlagen von Egmont in der „Zweiten“ und längsten differenziertere, verhaltene Töne. Das Orchester lässt dunkelfarbig Unruhe, Zweifel und Frucht des Helden erahnen. Die Oboe in Zwischenaktmusik III singt traumgleich Clärchens Melodie von hinwendungsvoller Zuneigung, bevor der Marsch die Soldateska ankündigt.
Wo die Partitur den Weg von der Nacht zur Freiheit zeichnet, zögernd, aber doch Klangfülle und Pathos erfordert, lässt Enders diese auch genüsslich zu. „Clärches Tod bezeichnend“ lässt das Drama für einen kurzen Moment lyrisch-düster innehalten. Zunehmend visionärer rauscht die Musik im Melodram auf. Das Trompetensignal als erlösendes Zeichen von aller Tyrannei lässt Assoziationen zu „Fidelio“ aufkommen, bevor die alles umarmende Siegessymphonie mit einer Utopie schließt, die sich leider historisch nie erfüllt hat.“
Dr. Ingobert Waltenberger
Zum gesamten Text der Rezension: